Das sozialrechtliche Verfahren

Antrag

Das sozialrechtliche Verfahren beginnt in der Regel mit einem Antrag bei der Behörde. Auch wenn für das gesamte Sozialrecht der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, der besagt, dass die Behörde den Sachverhalt grundsätzlich von sich aus ermitteln muss, gibt es Mitwirkungspflichten für den Leistungsberechtigten. Durch die Art der Mitwirkung kann man Einfluss auf die Verfahrensdauer nehmen. So geht es schneller, wenn die Antragsunterlagen vollständig sind. Kommt es zum Beispiel auf gesundheitliche Fragen an, bietet es sich an, die ärztlichen Befunde gleich mit einzureichen. Dann muss die Behörde nicht erst alle Ärzte anschreiben um sie anzufordern. Auch ist es sinnvoll sich vor Antragstellung zu erkundigen, nach welchen Kriterien die Behörde entscheidet. So kommt es der Behörde bei dem Antrag auf Feststellung eines Grades der Behinderung nicht auf die Erkrankung an sich an, sondern auf deren Auswirkungen. Ein Attest des Arztes nur mit der Diagnose „Herzinsuffizienz“ bringt daher in diesem Falls nichts. Wenn aber wegen dieser Erkrankung kein Treppensteigen mehr möglich ist und nur kurze Wegstrecken zurückgelegt werden können, ist dies für die Entscheidung bedeutsam und sollte so auch auch der Behörde mitgeteilt werden.

Widerspruch

Die Behörde kann die beantragte Leistung bewilligen oder ganz oder teilweise ablehnen. Gegen einen ablehnenden Bescheid kann innerhalb eines Monats, nachdem die Entscheidung bekannt gegeben wurde ein Widerspruch eingelegt werden. Die Behörde muss dann ihre Entscheidung erneut überprüfen. Im Widerspruchsverfahren lohnt es sich neben rechtlichen Erwägungen auch taktische Überlegungen mit einzubeziehen. Brauche ich eine schnelle Entscheidung, weil die Krankenkasse das Krankengeld eingestellt hat, ich aber sonst kein Geld zum Leben habe? Dann sollte man den Widerspruch beispielsweise zeitnah einlegen und ausführlich begründen. Möchte ich dagegen Zeit gewinnen, weil ich eine Geldleistung, die zu Unrecht erbracht wurde zurückerstatten soll, ich aber erst in einigen Wochen Geld dafür zur Verfügung habe? Dann kann man beispielsweise die Frist zur Einlegung des Widerspruchs bis zum Schluss ausreizen, Akteneinsicht beantragen oder die Begründung hinauszögern oder weglassen.

Falls die Monatsfrist zur Einlegung des Widerspruchs verpasst ist, hilft im Sozialrecht der Überprüfungsantrag. Mit diesem kann man Entscheidungen bis zu 4 Jahren – im Bereich des Arbeitslosengeldes II und der Sozialhilfe ein Jahr – rückwirkend überprüfen lassen.

Klage

Die Behörde kann dem Widerspruch stattgeben und einen sogenannten Abhilfebescheid erlassen. In der Regel werden dann auch die Kosten für einen Anwalt übernommen. Wenn sie den Widerspruch zurückweist, erlässt sie einen Widerspruchsbescheid. Gegen diesen kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe eine Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden. Der vorsitzende Richter ermittelt dann erneut den Sachverhalt und kann beispielsweise bei Streit über Gesundheitsfragen Befunde der behandelnden Ärzte anfordern und einen Sachverständigen mit der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens beauftragen. Der Gutachter lädt den Kläger zu einer Untersuchung ein und wertet die Befunde aus. Der Richter kann zu einem Erörterungstermin laden, bei dem die Sach- und Rechtslage mit allen Beteiligten besprochen wird. Hier ist es zum Beispiel möglich sich mit der Behörde zu einigen. Es kann danach oder auch gleich ein Verhandlungstermin angesetzt werden, bei dem neben dem Richter noch zwei ehrenamtliche Richter anwesend sind. Auch bei diesem wird die Sach- und Rechtslage verhandelt und es kann eine Einigung erfolgen. Beim Verhandlungstermin kann auch durch Urteil entschieden werden.

Vorläufiger Rechtsschutz

Das sozialrechtliche Verfahren mit Antrag, Widerspruch und Klage kann mehrere Wochen, Monate, manchmal sogar auch Jahre dauern. Wenn es aber schnell gehen muss, zum Beispiel wenn die Behörde Leistungen aufhebt, gibt es die Möglichkeit parallel ein Eilverfahren vor dem Sozialgericht in die Wege zu leiten. Ein erfolgreiches Eilverfahren setzt voraus, dass das Hauptverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird sowie die Dringlichkeit einer Entscheidung. Das Sozialgericht entscheidet dann relativ schnell und vorläufig über den Anspruch.